Deutsche in der NCAA 2012/13, Woche 3: Giffey, Harris, Heckmann, Wolf

Nachdem ich mir in der vorletzten Woche aufgrund massiver Internetprobleme keine NCAA-Basketballspiele ansehen konnte, geht es heute mit den Beobachtungen aus den Spielen der vergangenen Woche weiter. Woche 2 entfällt sozusagen. Ein Wort noch zur Auswahl: Wenn ich keine Zeit habe mir Spiele in der Nacht anzusehen, bleiben mir nur die Replays des ESPN-Players. Da dominieren natürlich die gerankten und großen Teams, weshalb Elias Harris und die drei Deutschen bei den UConn Huskies hier häufiger auftauchen, als zum Beispiel Christian Standhardinger bei den Hawaii Warriors.

Niels Giffey (Connecticut Huskies)
Gegen die Stony Brook Seawolves spielte Niels Giffey wieder fast ausschließlich auf der 3. Und da machte er auf mich einen wesentlich besseren Eindruck als auf der 4, wo er in den Spielen zuvor einen Großteil seiner Spielzeit verbrachte. Giffey wirkte viel selbstsicherer und aggressiver: Immer wieder zog er zum Korb, wo er in Korbnähe abschließen oder Fouls ziehen konnte und schöne Pässe spielte – und dabei vor allen Dingen nicht ein einziges Mal den Ball verloren hat. Also ein Teil seines Spiels, das ich in der Vergangenheit des Öfteren vermisst hatte. Auch am offensiven Brett setzte Giffey immer wieder nach und holte immerhin vier Offense-Rebounds. Diese Aggressivität zahlte sich aus und so sammelte Giffey hier sein Selbstvertrauen für seine Distanzwürfe, von denen er drei verwandeln konnte. Mit hoher Intensität ging er gegen Stony Brook auch in der Defense ans Werk: Mittlerweile ist Giffey ein wirklich mehr als solider On-Ball-Verteidiger, Gegenspieler werden beim Wurfversuch auch gerne mal abgeräumt. Auch sein hoher Basketball-IQ bzw. seine Court-Vision zeigte sich in dieser Begegnung einmal mehr, als er beim Dribbling seine Mitspieler auf dem Feld dirigierte oder durch sein gutes offensives Spacing bzw. seine Bewegung ohne Ball.
Auch gegen die Wildcats der Universität von New Hampshire startete Giffey zunächst auf der 3, wechselte aber bereits nach kurzer Zeit wieder auf die 4. Hier zeigte er wieder viel von der Aggressivität, die sein Spiel schon gegen Stony Brook so bereichert hat: Mit nem Steal beim Einwurf des Gegners unter dem Korb oder nem Block beim Fastbreak konnte er in der Defense so Akzente setzen. In der Offense wollte das Feuer dieses Mal nicht zünden, seine drei Dreier – allesamt freistehend aus Catch-and-Shoot- oder Pick-and-pop-Situationen – wollten einfach nicht fallen. Und auch beim Drive klappte es nicht wirklich, hier gab es den bereits aus den vergangenen Spielzeiten bekannten Turnover durch flinke Finger seines Gegenspielers. Ohne Küchenpsychologie betreiben zu wollen scheint Giffey wirklich offensive Erfolge zu benötigen, um sich daran zu pushen und Selbstvertrauen für weitere Aktionen sammeln zu können. Defensiv benötigt er das nicht, da ist er sehr aggressiv und hat sich wirklich verbessert. Einzig beim recovern nach der Help-Defense könnte es manchmal etwas flotter zugehen, aber das ist dann schon Meckern auf hohem Niveau. Kurz vor Ende des Spiels hatte Giffey dann einen dieser Momente, für die er unter Calhoun wohl noch ne ordentliche Ansprache und die Auswechslung kassiert hätte: Ohne Not spielte Giffey – gegen eine nicht besonders aggressive Ganzfeldpresse – an der Mittellinie einen Fehlpass zum Gegner, der in der Folge den Dreier getroffen hatte – Auszeit Huskies. Ging alles gut, aber ich hab Calhoun vor meinem inneren Auge kochen sehen… 😉

Elias Harris (Gonzaga Bulldogs)
Die Lobhudelei der Woche geht an Elias Harris: Ich muss einfach wieder und wieder betonen, wie vielseitig Harris auf sehr hohem Niveau ist. Auch gegen die Davidson Wildcats zeigte Harris wieder sein komplettes Paket und seine ihm eigene Intensität. Gegen das Doppeln an der Baseline überzeugte er zum Beispiel mit Übersicht und starken Pässen oder ein, zwei schnellen Dribblings. Harris war einfach nicht zu stoppen, ob am Perimeter, im Post-Up oder beim Pick-and-Roll. Besonders erwähnenswert waren seine Pässe, vor allem der Lob-Pass auf Kelly Olynyk im Fast-Break: Sehr stark für einen Big-Man. Seine aggressive Defense  und das aufmerksame und konsequente Ausboxen beim Rebound sind obligatorisch. Da ich – wohl wissend, dass Davidson jetzt nicht der stärkste Gegner war – schon beim Schreiben über Harris Schnappatmung bekomme, zitiere ich lieber ESPN-Experten und Kommentator Fran Fraschilla und erspare mir die Arbeit:

This is the best basketball Elias Harris has played in his Gonzaga career.

So ist es. First round, ick hör‘ dir trapsen.

Patrick Heckmann (Boston College Eagles)
Gegen die Bryant University Bulldogs kam mir Patrick Heckmann ziemlich verloren vor: Obwohl er in seinen 17 Minuten Spielzeit äußerst aktiv abseits des Balls war, sich gut bewegte und immer anspielbar war, fand sich am Ende des Spiels nichts Zählbares auf dem Statistikbogen wieder. Nicht einen Feldwurf hat Heckmann versucht, seine zwei Punkte erzielte er durch Freiwürfe. Heckmann bekam in der Offense einfach kaum Pässe und wenn ja, war sein Gegenspieler nah an ihm dran. So ergaben sich kaum Möglichkeiten für ihn. Seinem Team konnte er trotzdem helfen: In der Defense arbeitete Heckmann sehr gut, konnte seine Gegenspieler vor sich halten und rotierte gut.
Gegen die Penn State Nittany Lions stand Heckmann dann in der Startformation und zahlte es mit einer aggressiven Leistung in der Offense und Defense zurück. Wieder und wieder zog Heckmann zum Korb und konnte auf seine Gegner ablegen. Er selber hatte etwas Pech im Abschluss, der Dreier und die Layer wollten nicht wirklich fallen. Defensiv holte Heckmann seine Rebounds, boxte gut aus und verteidigte aggressiv am Ball. Eine wirklich solide Leistung von Heckmann.

Enosch Wolf (Connecticut Huskies)
In seinen fünf Spielminuten gegen Stony Brook fiel wieder Wolfs größtes Problem in der Offense und Defense auf: die fehlende Körpermasse. Nach einem Anspiel von Giffey, der eigentlich der einzige Spieler im Team ist, der ihm regelmäßig den Ball in den Post gibt, konnte sich Wolf leider nicht durchsetzen – er konnte sich einfach nicht Richtung Korb vorarbeiten. Beim Offense-Rebound hatte Wolf dann einmal Pech, als ihm irregulär ein Over-the-back-Foul angehängt wurde. Und dann waren die fünf Minuten auch schon wieder vorbei…
Gegen New Hampshire sah die Sache dann wieder anders aus, hier gelang es Wolf in seinen 17 Minuten seinem Team auf verschiedene Arten zu helfen. In der Defense stand er recht solide, auch wenn er mitunter nicht besonders aggressiv bei der Help-Defense aufgetreten ist. Auch in der Post-D gab es wieder das Masse-Problem, aber insgesamt stand Wolf besser als gegen Stony Brook. Offensiv setzte er im Rebound sehr gut nach und konnte durch einen Tip-In punkten und zog ein anderes Mal das Foul von seinem Gegenspieler. Überhaupt überzeugte Wolf offensiv mit seinen Screens, die waren in meinen Augen härter als in der Vergangenheit. Wenn ihn Napier oder Boatright denn dann auch mal anspielen würden, käme das sicher auch Zählbares bei heraus. Zum Beispiel so ein Dunk mit Autorität wie nach dem Durchstecker von Napier. Anspiele erhielt Wolf auch gegen New Hampshire vor allem von Niels Giffey, der ihn regelmäßig im Post bediente. Dabei kam es mitunter zu schönen In-and-out-Situationen zwischen den beiden Deutschen, aber als Post-Scorer trat Wolf wieder nicht in Erscheinung.

Deutsche in der NCAA 2012/13, Woche 1

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